Kurzberichte

Anak Krakatau im August 2019

Im August reiste Anke von Georesearch Volcanedo Germany (GRV) zwecks Untersuchungen nach Indonesien in die Krakatau-Caldera und danach zum Kelut. Vom 15.08. bis zum 17.08.2019 hielt sie sich mit einer kleinen internationalen Expeditionsgruppe, organisiert über Volcano Discovery, in der Krakatau-Caldera auf, um die gewaltigen Veränderungen seit dem partiellen Kollaps von Anak Krakatau im Dezember 2018 zu studieren. Hier ein Auszug aus ihrem Bericht:


Blick von Sertung auf Panjang (links), Anak Krakatau (Mitte) und Rakata (rechts)

Es war sehr beeindruckend, die Veränderungen Anak Krakataus direkt vor Ort sehen zu können. Der vermutlich durch heftige vulkanische Eruptionen (Oktober und Dezember 2018) ausgelöste Unterwassererdrutsch und der nachfolgende Kollaps des Gipfels am 22. Dezember 2018 haben das “Kind des Krakatau” schrumpfen lassen: Die Höhe über dem Meeresspiegel reduzierte sich von 338m auf ca. 110m, und Anak verlor ca. drei Viertel seines übermeerischen Volumens. Die in die Krakatau-Caldera gelangten Hangrutschmassen lösten einen auf die Westküste Javas und Südküste Sumatras treffenden folgenschweren Tsunami aus (429 Tote, 1485 Verletzte). Auch Rakata, Sertung und Panjang, die äußeren Inseln des Krakatau-Archipels, erfuhren durch die heftigen vulkanischen Eruptionen und den Tsunami einige Veränderungen.

Am 16.08.2019 betraten wir Anak Krakatau und stiegen von der Nordostseite über Aschefelder und eine durch Erosion entstandene Canyon-Landschaft zum oberen Kraterrand des so stark veränderten Eilandes auf. Von dort aus beobachteten wir den beindruckenden, z.T. brodelnden Kratersee und die aufsteigenden Dämpfe. In der Mitte des Kratersees waren dunklere Flächen zu erkennen. Eine genauere Auswertung des Fotomaterials zeigte später, dass im mittleren Teil des Kratersees oberflächlich nur noch sehr wenig Wasser vorhanden zu sein scheint: Dort zeigte sich bereits Bodenfläche mit einer schollenartigen, rissigen Struktur.


“Canyon-Landschaft” auf Anak Krakatau

Blick auf den Kratersee vom oberen Kraterrand

Nach den Beobachtungen vom oberen Kraterrand aus betraten wir Anak Krakatau nochmals, und zwar von der zur See hin offenen Kraterseite, da ich in diesem Areal Temperaturmessungen durchführen wollte. Von hier aus näherten Stefan und ich uns nach dem Verlassen unseres Bootes durch das 38,8°C warme, durch Eisenverbindungen bräunlich gefärbte Wasser dem neu entstandenen kleinen “Strandabschnitt” und bewegten uns dann vorsichtig auf diesem jungen Areal Richtung Kratersee - angesichts der Gefahr unvorhersagbarer plötzlich auftretender phreatischer Eruptionen ein durchaus riskantes Unterfangen. Der Boden war in diesem Areal an einigen Stellen in vier Zentimetern Tiefe recht heiß (z.T. 68°C), z.T. schlammig, bedeckt mit Tephra und an einigen Stellen mit Schwefelablagerungen. Etwas beunruhigend wirkten an einigen Stellen deutlich erkennbare lange Risse im Boden, bei denen es sich nicht um harmlose Trockenrisse handelte!

Annäherung an den Kratersee

Die von mir gemessene Kraterseetemperatur betrug am Rand des Sees zwischen 61° und 62°C, dürfte aber an anderen Stellen des Kratersees durchaus höher liegen (möglicherweise 80°C). Weitere Temperaturmessungen waren wegen des hohen Gefahrenpotenzials nicht möglich. Der von Stefan bestimmte ph-Wert des Kratersees lag zwischen 0,2 und 1,0.

Das Ufer des Kratersees

Einige Tage nach unserem Aufenthalt am Kratersee gab es dort mehrere phreatische Eruptionen. Ich warne daher davor, sich dem Ufer des Kratersees zu nähern. Wir haben unter Berücksichtigung von Auswertungen der im Observatorium aufgezeichneten aktuellen seismischen Ereignisse sowie einer zuvor genauen Beobachtung der Szenerie vom oberen Kraterrand aus uns vorsichtig dem Kratersee genähert, doch bleibt Anak Krakatau ein gefährlicher, explosiver und unberechenbarer Vulkan, der jetzt in eine neue Entwicklungsphase getreten ist. Morphologisch betrachtet hat Anak Krakatau in etwa wieder den Zustand aus dem Jahr 1950 erreicht. Der Lavastrom, den wir während der heftigen eruptiven Phase im September 2012 auf Anak Krakatau beobachten konnten und der Anak Krakataus Fläche etwas vergrößert hatte (vgl. hierzu unseren Kurzbericht von Anfang September 2012), ist seit den Ereignissen im Dezember 2018 auch verschwunden.

Foto: Stefan Tommasini
http://vulkane-und-natur.de

Ich danke Volcano Discovery und unserem Guide Andi für die sehr gute Organisation dieser äußerst eindrucksvollen Expedition!
Anke

Tambora-Caldera im Oktober 2017

Im Oktober 2017 gelang uns zum dritten Mal der Abstieg in die faszinierende Tambora-Caldera. Der Abstieg bis zum Calderaboden erfolgte erneut über die schwierige und gefährliche Südroute, wobei an einigen Steilabfällen der Abstieg nur mit dem Seil möglich war. Aufgrund der hohen Niederschläge in den vergangenen Wochen waren die Canyons an der Innenflanke z.T. stark ausgewaschen und zudem an einigen Stellen durch große Gesteinsblöcke schwer überwindbar. Außerdem gab es mehrere Bergstürze. Wir möchten an dieser Stelle nochmals ganz ausdrücklich auf die in unseren Kurzberichten immer wieder angesprochenen Gefahren verweisen und vor einem Abstieg über diese Route ohne entsprechende Ausrüstung und geländekundige Begleitung warnen. Auch auf dem Calderaboden kann es gefährlich werden: So konnten wir bei dieser Expedition wegen z.T. hoher Gaskonzentrationen nur relativ kurz (einen Tag und eine Nacht) auf dem Calderaboden bleiben. Die dort verbrachte Nacht sorgte zudem wegen einiger Starkniederschläge und eines Gewitters kaum für Erholung. Obwohl wir wegen der erhöhten Gaskonzentrationen nicht alle geplanten Untersuchungen durchführen konnten, war es eine sehr interessante und erkenntnisreiche Expedition, da die Bedingungen im Vergleich zu den vorherigen Tambora-Expeditionen doch so anders waren!

Wir danken ganz herzlich dem zuverlässigen indonesischen Helfer-Team, ohne das diese Expedition nicht möglich gewesen wäre.

Der Calderaboden ist fast erreicht!
Oktober 2017, Georesearch Volcanedo Germany

Tambora-Caldera im August 2017

In diesem Jahr war der See (Moti La Halo) auf dem Calderaboden aufgrund der bis in den August hineinreichenden z.T. hohen Niederschläge deutlich größer als in den vergangenen Jahren.


Moti La Halo, August 2017

Besteigung des Tambora im August 2015 auf Zollingers Route – 200 Jahre nach der großen Eruption


Aufstieg durch die Trockensavanne, Blick nach Norden auf den Doro Tabeh Naë

Aufstieg durch die Trockensavanne, Blick nach Osten

Ziel der diesjährigen erneuten Expedition zum Tambora war der Aufstieg von der Ostküste der Sanggarhalbinsel über die Ostflanke zum östlichen Calderarand. Hierbei wurde die von Zollinger als Erstbesteiger im Jahr 1847 nach der großen Eruption benutzte Route erstmals seit 1847 verfolgt und erforscht – aufgrund der Länge der zu Fuß zurückzulegenden Strecke, der zum Teil sehr hohen Tagestemperaturen und des im August üblichen Wassermangels in dieser Region eine besondere Herausforderung! Da zudem keine genauen geographischen Koordinaten dieser Aufstiegsroute vorlagen, konnten nur die Be­schrei­bungen und die historische handgezeichnete Karte von Heinrich Zollinger als Orientierungshilfe zugrunde gelegt werden. Beginnend an der Ostküste der Sanggarhalbinsel bis hin zum östlichen Calderarand konnten aber die einzelnen Etappen Zollingers sehr gut nachvollzogen werden. Es war interessant die Übereinstimmungen, aber auch die landschaftlichen Veränderungen im Ver­gleich zum Bericht Zollingers zu untersuchen. Da unser indonesisches Helferteam und wir keiner Standardroute folgten, traten ver­stärkt geländebedingte Schwierigkeiten auf, über die auch Zollinger berichtete. Letztendlich konnten Zollinger als auch wir diese bewältigen.

Wir möchten an dieser Stelle ganz ausdrücklich Heinrich Zollingers Leistung würdigen!

Ein aktueller Vergleich mit Zollingers Beschreibung wird zur Zeit ausgearbeitet.

Nur noch wenige steile Meter bis zum 2346 m hohen östlichen Calderarand!
7. August 2015, Georesearch Volcanedo Germany

Tambora-Caldera im Juli/August 2014

12 Tage Forschung in der Tambora-Caldera – ein neuer Rekord!

Im Juli/August 2014 wurden die Untersuchungen in der Tambora-Caldera fortgesetzt und erweitert. Die Untersuchungungsergebnisse werden zu einem späteren Zeitpunkt an anderer Stelle veröffentlicht.
Der Abstieg zum Calderaboden erfolgte wieder über die sehr schwierige und gefährliche Südroute. Außerdem traten verstärkt Erdbeben auf, die auch deutlich mehr Bergstürze zur Folge hatten.


Im Vordergrund eine der festen Messstationen auf dem Calderaboden

Unter hohem Druck entweichende Gase nahe der Nordwand

Hinweis:
Die vom GRV-Team und seinen einheimischen Helfern zwischen 2012 und 2014 erprobte und erforschte Abstiegsroute über die Südflanke zum Calderaboden wurde danach von einigen wenigen Personen erneut genutzt und gilt zur Zeit als einzig möglicher Abstieg über die Süd­flanke. Eine andere Route, die in der Vergangenheit einmal genutzt worden sein soll, gilt wegen der Abbrüche an der südlichen Calderawand als nicht mehr passierbar. Trotzdem möchten wir ganz ausdrücklich aufgrund der in unseren Kurzberichten angesprochenen Gefahren vor einem Abstieg über die von uns erprobte Route ohne entsprechende Ausrüstung und geländekundige Begleitung warnen.

Tambora-Caldera (Indonesien) im Oktober 2013


Die Tambora-Caldera (Okt. 2013)

Abstieg an der inneren Südflanke

Vulkanforschung unter extremen Bedingungen in der Tambora-Caldera (Indonesien), Kurzbericht über eine Expedition in eine der tiefsten Calderen der Erde

Die Eruption des auf Sumbawa gelegenen Tambora im April 1815 war das größte vulkanische Ereignis seit Beginn der Geschichtsschreibung und ist aufgrund der globalen Klimabeeinflussung bekannt geworden.

Ziel unserer Expedition war der 1815 entstandene vulkanische Einbruchskessel des Tambora, der mit über 1300m Tiefe als die tiefste Caldera der Erde seit dem Jahr 1 n.Chr. gilt. Im Jahr 2012 hatten wir bereits eine vorbereitende Expedition an der südlichen Innenflanke dieses Vulkans durchgeführt.

Im Oktober 2013 gelang es uns nun als erstem deutschen For­schungs­team (GRV) unter der Leitung des Vulkanologen Arne C. in diesen Kessel bis zum Calderaboden vorzudringen, wo nach dem großen Ausbruch 1815 ein von anthropogenen Einflüssen weitgehend unbeeinflusstes Ökosystem entstanden ist (Abstieg über die geo­logisch sehr interessante innere Südflanke von 2430m auf 1340m Höhe).
Dem Team gehörte auch die Geowissenschaftlerin Anke D.-R. an, die als erste Europäerin und weltweit als erste Frau die nahezu un­pas­sierbare innere Südflanke dieses Vulkans bezwang.
Bisher hatten nur in Einzelfällen Personen den Kraterboden erreicht, denn das Gelände ist schwierig, und es müssen extreme Steilabfälle überwunden werden. Zudem konnten diese Personen aufgrund der enormen logistischen Probleme nur relativ kurz auf dem Calderaboden verweilen, sodass genauere wissenschaftliche Untersuchungen daher nicht möglich waren.

Der Einstieg in diese faszinierende Caldera dieses aktiven Strato­vulkans erfolgte mithilfe eines einheimischen Helferteams, einer auf­wendigen Logistik und unter Einsatz von Klettertechnik.
Während des mehrtägigen Aufenthaltes auf dem Calderaboden wur­den Kartierungen durchgeführt (u.a. die erkennbaren Auswirkungen der seit 1815 auf dem Calderaboden stattgefundenen kleineren Erup­tionen), Gesteins- und Wasserproben entnommen, die Gas­emissionen gemessen (Gas- und Temperaturmessungen) sowie die Flora und Fauna dieses Ökosystems untersucht. Mithilfe einer auf dem Caldera­boden aufgebauten Wetterstation wurden zudem während unseres Aufenthaltes durchgehend die Wetterdaten aufgezeichnet.
Neben zahlreichen aufschlussreichen Einzeluntersuchungen waren besonders die relativ hohe Aktivität des kleinen ca. 1880 im südlichen Teil der Caldera entstandenen Vulkankegels Doro Api Toi (starke Fumarolentätigkeit, hohe Temperaturen) und die unter hohem Druck entweichenden Gase an der unteren Nordostwand auffällig. Zudem entdeckten wir in der Nähe des Doro Api Toi einen Lavadom, über den bisher in der Wissenschaft noch nicht berichtet worden war. Wir nannten diese Neuentdeckung “Adik Api Toi” (indonesisch “adik”: jüngerer Bruder). Später wurde dieser Lavadom von indonesischer Seite “offiziell” entdeckt und Doro Api Bou (“neuer Vulkan”) genannt. Entstanden ist er vermutlich 2011/2012, als am Tambora erhöhte seismische Aktivität und auf dem Calderaboden vermutlich vulkanische Aktivität festzustellen war (genauere Angaben hinsichtlich des Calderabodens zu dem Zeitpunkt gibt es nicht).
Trotz diverser Gefahren (Hangrutschungen, Gerölllawinen, Gasemissionen) und erschwerter Arbeitsbedingungen wie z.B. extrem hoher Temperaturen gelang es unserem Team, zahlreiche grundlegende Ergebnisse für die weitere Forschungsarbeit zu erzielen und ein umfangreiches anschauliches Dokumentationsmaterial zu erstellen.
Der Aufenthalt innerhalb der Tambora-Caldera einschließlich der Calderabodenforschung betrug neun Tage und ist bisher einmalig.


Blick vom Calderaboden auf die Nordwand

Vorbereitung von Gasmessungen auf dem Calderaboden an der Südwand

Heftige eruptive Phase des Anak Krakatau am 2. und 3.9.2012


Anak Krakatau, 3.9.2012

Auszüge aus den seismischen Aufzeichnungen dieses Ereignisses (Krakatau-Observatorium)

Am 3.9.2012 konnten wir aus allernächster Nähe die heftigen explosiven Eruptionen des Anak Krakatau beobachten. Es waren die stärksten Eruptionen des Anak Krakatau, die seit 1996 beobachtet wurden (vgl. Monthly Reports der Smithsonian Institution). Wir haben in den vergangenen Jahren mehrere Ausbrüche des Anak Krakatau miterlebt, doch übertraf diese Eruption Anfang September alles von uns bisher in der Krakatau-Caldera Beobachtete. Zwischen 10 Uhr und 16 Uhr fanden ohne Unterbrechung kanonenschussartige Explosionen statt. Die Eruptionssäulen erreichten z.T. eine Höhe von ca. zwei Kilometern. Die Szenerie war umso gewaltiger, da ins Wasser fließende Lavaströme zu einer starken Dampfbildung und auch zu phreatomagmatischen Explosionen mit Aschebildung führten.

Die in den indonesischen Medien verbreiteten Angaben zu diesem Ereignis waren übrigens z.T. ungenau. So wurde die Heftigkeit des Ausbruchs möglicherweise heruntergespielt, um die Bevölkerung an der Westküste Javas, die schon in der Nacht zuvor durch vom Anak Krakatau ausgehende donnerschlagartige Geräusche und Bodenerschütterungen aufgeschreckt worden war, nicht zu beunruhigen. Ein deutliches Vibrieren des Bodens hatten wir in der Nacht vom 2.9. auf den 3.9. in Carita auch gespürt.

Noch am Spätnachmittag des 3. September haben wir als erstes Wissenschaftsteam während dieser eruptiven Phase mit unserem Begleiter Aris und weiteren Helfern Anak Krakatau betreten. Der Vulkan war zu diesem Zeitpunkt in eine eher strombolianische Phase getreten.

Bis zum 6.9.2012 haben wir dann Untersuchungen auf der Vulkaninsel Anak Krakatau durch­geführt und haben uns u.a. am 4.9. den Ursprungsort des nach Südosten geflossenen Lava­stroms in der Gipfelregion genauer angesehen. Der Vulkan war mittlerweile ruhiger geworden, so dass wir einen Aufstieg wagten. Der Aufstieg gestaltete sich z.T. wegen der frischen vulkanischen Asche als durchaus beschwerlich.

Am 5.9. begann gegen 11 Uhr vormittags eine starke Entgasungsphase (von uns etwas unterhalb des eruptiven Zentrums gemessene hohe SO2- und H2S-Werte); diese Entgasung setzte sich bis zu unserer Abfahrt am Vormittag des 6. September fort.

Genauere Auswertungen zu diesem für uns “vulkanischen Highlight” des Jahres 2012 werden zu einem späteren Zeitpunkt an anderer Stelle veröffentlicht.


Anak Krakatau, 3.9.2012

Am neuen Lavastrom auf Anak Krakatau, 4.9.2012 (5.50 Uhr morgens). Der neue Lavastrom ist insgesamt ca. 600 m lang, ins Wasser reicht er ca. 100 m. Das “Kind des Krakatau” ist somit in die Breite gewachsen!

Alle Fotos und Texte sind Eigentum von Georesearch Volcanedo.